Lieferung Lebensmittel

Lebensmittellieferung

Frische, aber teurer: Der Rewes-Lieferservice macht die kostenlose Lieferung zur Exception. Unter dem Motto "Ich mag's liefern frisch" bewirbt Rewe seit einigen Monaten seinen Lieferservice und will endlich Marshmallow-frische Besitzer vom Online-Shopping begeistern. "Ist ein individuelles Erzeugnis nicht so frischer, wie Sie es sich vorstellen, wird es vom Auslieferungsfahrer sofort mitgenommen. Selbstverständlich kostenlos", sagt Rewe im Internet - "Bestellen ohne Risiko".

Natürlich heißt es nicht, dass Rewe es akzeptiert, Stammkunden zur gleichen Zeit zu nerven. Weil die Versandkosten teilweise klar angehoben wurden, und die kostenlose Lieferung ab 100 EUR gibt es in der Vergangenheit überhaupt nicht mehr. Die Mindestbestellsumme von 40 EUR ist gleichbleibend, darüber hinaus gibt es die neue Grenze von 80 EUR, ab der Käufe "ab 2,90 EUR" möglich sind; die 100 EUR Grenze wurde gesenkt und durch eine ab 120 EUR abgelöst, bei der Aufträge "ab 0,00 EUR" ausgeliefert werden.

Außerdem wird ab einem Warenkorb-Wert von 80 EUR ein Nachlass von einem EUR auf die Versandkosten gewährt: Diese vermeintliche "Vereinfachung" ist für die Abnehmer jedoch wesentlich aufwändiger geworden, da die Versandkosten nicht mehr - wie bisher - nur vom Zeitpunkt der Lieferung, sondern auch vom Staffelwert der Ware abhängen.

Vielfach bedeuten dies, dass Lieferservice-Kunden jetzt mehr Geld ausgeben, zum Beispiel unterhalb der Schwelle von 80 EUR. Meine Bestellung für rund 79 EUR ab letztem Jahr kostet zwischen 8 und 10 Uhr 3,90 EUR. Für den gleichen Kauf in den nächsten zwei Tagen würde ich zwischen 7 und 9 Uhr früh für den gleichen Kauf zumindest 4,90 EUR entrichten müssen, an manchen Tagen auch die (!) maximale Gebühr von 5,90 EUR.

Völlig kostenlose Lieferung wird in Zukunft die Ausnahmen sein. Bisher war die Regulierung sehr einfach: Wer für mehr als 100 EUR im Internet bestellt hat, musste für die Lieferung nichts mehr ausgeben. Dies entspricht dem von Rewe-Chef Alain Caparros in einem Gespräch vor drei Jahren genannten Betrag, von dem man im Durchschnitt gewinnbringend mit dem Zustelldienst zusammenarbeiten konnte.

Das kann Rewe Digital nicht kommentieren. Die meisten Kundinnen und Kunden, die bisher beim Zustelldienst für über 100 EUR einkaufen, würden aber auch die neue Grenze von 120 EUR überschreiten, erläutert Polman. Doch auch dann müssen sie für die Lieferung bezahlen, wenn auch nur zwischen 90 Cents und 1,90 EUR.

Dies ist der aktuelle Preis für alle zweistündigen Zeitfenster in Berlin für Gäste mit einem Warenkorb über 120 EUR. Lediglich wer zwischen 7.00 und 13.30 Uhr oder zwischen 14.30 und 22.00 Uhr in den unpraktischsten Zeiten zu Hause ist, bezahlt derzeit nichts für die Lieferung. Tatsächlich hat Rewe die kostenlose Lieferung für private Haushalte gestrichen, denn der ganze Nutzen des Online-Shoppings liegt darin, dass man sechseinhalb oder siebeneinhalb Stunden zu Hause sein kann.

Bestenfalls sollten Kindertagesstätten oder Büroräume mit Sammelaufträgen, die Rewe vorzieht, davon profitiert haben. Jetzt sind 90 Cents oder 1,90 Euros immer noch angemessene Summen für die Lieferung des Massenkaufs an die Haustür. Doch als Zeichen für bestehende Kundinnen und Kunden ist die neue Preisgestaltung fatal: Weil sie nicht offen und durchschaubar ist, sondern erst im Bestellprozess erkennbar wird und Rewe auf seine Frischekampagne aufmerksam macht, die auch von zahlreichen Fachzeitschriften gut vermittelt wurde.

Außerdem kostet ein Teil der Produkte im Online-Shop mittlerweile erheblich mehr als im Handel (z.B. Alkoholische Getränke). Die Rewe hat sich offenbar stark verrechnet, denn der Einstieg in die Gebührenordnung erfolgt gerade zu einem Moment, als Amazon damit anfängt, seinen Prime Now-Lieferservice in den großen Städten Deutschlands aufzubauen, der auch Lebensmittel rasch (und für Prime Kunden innerhalb von zwei Stunden kostenlos ) nach Hause liefert.

Im Vereinigten Königreich hat der Marktführer für Lieferservice, Tesco, inzwischen auf die gleiche Amazon-Initiative mit kürzeren Abholzeiten für Online-Einkäufe in 300 seiner Filialen reagiert: Der bis 13 Uhr im Internet bestellen kann, seine Lebensmittel ab 16 Uhr auf dem Wochenmarkt um die Ecke sammeln und bezahlt für die Zeiteinsparung, nicht in der Warteschlange anstehen zu müssen, 2 Kilo (3 Kilo an freitags und samstags mehr besuchten Tagen).

Will Rewe den Krieg gegen Amazon in Deutschland für sich entscheiden, wären vergleichbare Maßnahmen erforderlich. Um so mehr, wenn Rewe loyale Online-Kunden mit undurchsichtigen Preiserhöhungen ärgert.