Das entmutigt Händler und Labore nicht davon, serumbasierte IgG-Tests zum Nachweis angeblicher Intoleranzen gegenüber bis zu 300 Lebensmitteln aufzulegen. In einem aktuellen Stellungnahmepapier der Europäischen Akademien für Allergenetik und Medizinische Forschung (EAACI) zur Bedeutung von IgG- oder IGG4-Tests für den Nachweis von Nahrungsmittelunverträglichkeiten wurde dieses in die Richtlinien der fünf deutschen Allergikergesellschaften aufgenommen.
Sie klassifiziert die Diagnose von Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit Hilfe von Antikörpertests nach IgG als untauglich und lehnt sie streng ab. Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft ist das Auftreten von Antikörpern gegen IgG4 nach dem Konsum von Nahrungsmitteln nicht als Hinweis auf pathogene Prozesse zu werten, sondern als Expression der physischen Immunabwehr des Menschen nach Berührung mit Lebensmittelkomponenten. Für den Nachweis von IgG- oder IGG4-Antikörpern gegen Nahrungsmittel gibt es keine zuverlässigen Beweise in Gestalt von kontrollierten, aussagekräftigen Untersuchungen über einen diagnostischen bzw. krankheitsbedingten Nutzen (Kleine-Tebbe et al. 2009).
Als Ursache für eine große Zahl von Erkrankungen und Fettleibigkeit gelten die vermeintlich durch die Bestimmung des IgG nachgewiesenen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Nach Angaben der Versorger ist Gewichtsabnahme ganz unkompliziert möglich: Mit dem Immuntest werden die Nahrungsmittel ermittelt, die der Organismus nicht "vertragen" kann; wenn die Betroffenen auf den Genuss dieser Nahrungsmittel verzichten, verlieren sie Gewicht.
Infolgedessen sind inflammatorische Cytokine wie z. B. TMF-? mit übergewichtig assoziiert, jedoch keine entzündlichen Reaktionen auf die Nahrung darstellen. Margitta Wurm vom Allergie-CentrumCharité (Wurm 2009): "Immunglobulin G hat nichts mit übermäßigem Gewicht zu tun. Im Allgemeinen gibt es keinen wissenschaftlichen gesicherten Bezug zwischen übermäßigem Gewicht und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
"â??Der Wegfall bestimmter Lebensmittel (Gruppen) kann natÃ?rlich dazu fÃ?hren, dass im Allgemeinen weniger konsumiert wird, d.h. weniger energieaufgenommen wird. Wenn jedoch die aufgrund von tatsächlichen Intoleranzen empfehlenswerte Diät den Wegfall so wichtiger Nahrungsmittelgruppen wie Molkereiprodukte oder Obst und Gemüse zum Ziel hat, kann es auf lange Sicht zu einer Unterdeckung lebenswichtiger Nährstoffe kommen.
Die Richtlinie der deutsprachigen Allergikergesellschaften kritisiert die missverständliche Auslegung der Resultate von Antikörpertests des IgG, die später als Rechtfertigung für eine unbegründete und oft unausgewogene Ernährung diente. Nach wissenschaftlichen Gutachten trägt diese Ernährung zu mehr Leid, verminderter Lebenssituation, Unsicherheit oder gar Gefahr für die Betreffenden bei (Kleine-Tebbe et al. 2009).