Das Tor zu dieser Weiterentwicklung ist ein Staat, der die Welt der Mode wie kein anderer gestaltet: Italien. "Die weltweite Konkurrenz um immer schlimmere Verhältnisse nimmt in Gestalt immer prekärerer, ungeschützterer und flexiblerer Arbeitsbedingungen zurück", sagt Francesco Gesualdi, Verfasser einer Untersuchung über neue Niedriglohnarbeit. Es wurde von der Nicht-Regierungsorganisation Clean Clothes in Auftrag gegeben. der Name ist Programm.
Dabei zeigt die Untersuchung deutlich die Konsequenzen dieser Entwicklungen auf: schockierende Arbeitsstundenlöhne, überhöhte Arbeitszeit, miserable Wohnungen für Arbeiter und Tagarbeit. Der Ausgangspunkt dieser gesellschaftlichen Tierwelt ist Prato, eine schöne toskanische Kleinstadt, die auf eine über 500-jährige Textiltradition blicken kann. Plättchen ist ein Mittelpunkt der kontinentalen Textilwirtschaft.
Mit 300 Mio. lfm Stoff, 110 Mio. m technischen Geweben werden jährlich mehrere Mrd. EUR erlöst. Auch bei der Erforschung und Weiterentwicklung von neuen textilen Technologien ist die Stadt mit ihren rund 500.000 Einwohnern Vorreiter. Von der offiziellen Stelle wird Prato gern als ebenso traditionell wie innovations- und qualitätsbewusst präsentiert. Jährlich werden zwölf Mio. Bekleidungsstücke in Transporter und LKWs verpackt.
Via Pistoiese ist das Zentrum von Patronta Moda, der "schnellen Mode". Alle erzielen ausgezeichnete Gewinne aus der Produktion von äußerst leistungsfähigen Werken in Macrolotto Zero. Nach Paris hat Prato die grösste Chinacity Europas: 50'000 chinesische Bürger - und nahezu alle sind in der Textilbranche tätig. Das Gewinnrezept der asiatischen Fabrikanten hat sich auf die Führungsetagen von Nobelmarken ausgebreitet.
Die Werke in Praatos liefern nun Armani, Ferré, Valentino und Max Mara. Auch wenn der Schwerpunkt auf der Erfüllung von Steuervorschriften und Gesundheits- und Sicherheitsstandards liegt, genießen die Unternehmensversace und Co. gern den Arbeitsaufwand und die Stundenlöhne in den Werken in China. Aber die Gründung dieser in China gelegenen Fertigungsinsel hat ganz andere Konsequenzen. Das Projekt "Clean Clothes" bewies in einer Untersuchung, dass Louis Vuitton, Armani, Prada und Dior die alten Produktionsstandorte in Oberitalien zurück gekauft und wieder eröffnet haben, um Einwanderer und Italiener dort arbeiten zu läss.
Die freiberufliche Journalistin und Autorin verfasst und betreut SPIEGEL im Fernsehen und für die Redaktionen von WELT DER WUNDER.